19.09.2024

München, schlechtes Kranpflaster?

Hunderte evakuiert: In München machten dieser Tage gleich drei Krane an drei verschiedenen Orten in der Stadt Probleme in Bezug auf die Standsicherheit. Einer fiel sogar während des Feuerwehreinsatzes um.

(1) Am Mittwochmorgen stellten Bauarbeiter auf einer Baustelle in der Hochbrückenstraße in der Münchner Altstadt fest, dass das Fundament des Baukrans unterspült war. Da der etwa 30 Meter hohe Kran umzustürzen drohte, entschied die Einsatzleitung der Feuerwehr, ihn abbauen zu lassen. Zur Sicherheit wurden umliegende Wohnungen, eine Schule sowie ein Hotel teilweise geräumt. Rund 300 Personen waren davon betroffen.
Stück für Stück... (Foto: Berufsfeuerwehr München)

In Zusammenarbeit mit der Höhenrettung der Berufsfeuerwehr München und Mitarbeitern der Kranfirma wurde der Kran abgebaut. Die Feuerwehr München war insgesamt mit 54 Einsatzkräften und 17 Fahrzeugen vor Ort. Der Einsatz war gegen 19 Uhr beendet. Die Anwohnerinnen und Anwohner konnten anschließend in ihre Wohnungen zurückkehren.
...musste der Kran an der Hochbrückenstraße abgebaut werden (Foto: Berufsfeuerwehr München)

(2) Doch damit nicht genug: Während dieser Einsatz noch lief, erfolgte um gegen 16 Uhr ein zweiter Alarm wegen eines umsturzgefährdeten Baukrans. In der Verdistraße in Obermenzing drohte ein etwa 20 Meter hoher Kran auf eine Baustelle zu stürzen. Er befand sich bereits in Schieflage.
Zweiter Alarm: Verdistraße (Foto: Berufsfeuerwehr München)

Einsatzkräfte der Feuerwehr sicherten den Baukran, auch hier musste der Kran demontiert werden. Der Gefahrenbereich um die Baustelle wurde durch die Polizei abgesperrt und die angrenzenden Wohnungen durch Einsatzkräfte der Feuerwehr geräumt. Diesmal waren 54 Wohnungen und etwa 200 Personen von der Räumung betroffen. Ein Linienbus und ein Restaurant wurden als Aufenthaltsräume zur Verfügung gestellt.

Die Kranfirma übernahm den Rückbau des Krans mithilfe von zwei Mobilkranen. Durch die Straßensperrung der Verdistraße kam es zu erheblichen Verkehrsbehinderungen. Die Feuerwehr München war mit 100 Einsatzkräften und 24 Fahrzeugen vor Ort. Gegen 22 Uhr endete der rund achtstündige Einsatz, und die betroffenen Anwohnerinnen und Anwohner konnten in ihre Wohnungen zurückkehren.
Die Demontage des Krans in der Verdistraße (Foto: Berufsfeuerwehr München)

(3) Und auch davor hatte es bereits gravierende Standsicherheitsproblem mit einem Baukran gegeben. In der Ismaninger Straße im Nobelviertel Bogenhausen war wenige Tage zuvor, am Freitag, ein Turmdrehkran auf zwei Häuser gekracht und hat dabei gewaltigen Schaden verursacht, aber zum Glück wurde niemand bei dem Unfall verletzt.

Gegen halb drei Uhr am Nachmittag hatte ein Hausbewohner bei der Integrierten Leitstelle einen schief stehenden Baukran gemeldet. Sofort rückten mehrere Einsatzkräfte der Feuerwehr aus.
Der schiefe Kran von der Isar, nicht Pisa... fiel um und sorgte für gewaltigen Schaden (Foto: Berufsfeuerwehr München)

Zwei bedrohte Gebäude wurden direkt geräumt. Noch während die Einsatzkräfte im Gebäude waren, stürzte der Baukran um und schlug in mit dem Kranausleger in die beiden Nachbargebäude ein. Dabei durchschlug er mit den Gegengewichten des Auslegers das Dach. Etwa acht Tonnen Betongewichte verwüsteten dabei eine Dachgeschosswohnung komplett und beschädigten die darunterliegenden Decken und Wände.

Die Feuerwehrleute brachten sämtliche Bewohner der beiden Gebäude ins Freie. Die Dachgeschosswohnung war aufgrund von Bauteilen und Schutt nicht mehr zugänglich. Zwei Personen wurde durch den Rettungsdienst kurzzeitig behandelt. Glücklicherweise wurden sie nicht verletzt.

Die restlichen Wohnungen (wo offensichtlich niemand zuhause war, also niemand öffnete) wurden nun aufgebrochen, um sicherzustellen, dass sich niemand mehr im Gebäude Befindet. Anschließend wurden die Gebäude vom Strom- und Gasnetz getrennt.

Da die acht Tonnen Gewicht im Dachgeschoss eine erhebliche Gefahr für das Gebäude darstellten, mussten diese aus dem Haus entfernt werden. Vorher mussten aber die Decken und Wände in den oberen Stockwerken abgestützt werden. Hierzu wurden weiter Einsatzkräfte mit speziellen Gerätschaften nachgefordert. Mit Stützen, Auflagen und Balken wurden ein Sicherungsverbau in das Gebäude eingebracht.
Auch hier dauerten die Arbeiten viele Stunden lang bis zum späten Abend (Foto: Berufsfeuerwehr München)

Die Kranfirma hatte inzwischen einen 230-Tonnen-Mobilkran zur Einsatzstelle gebracht. Mit diesem sollten die Betongewichte aus dem Dach gehoben werden. Dafür musste der Kranausleger mit dem Kran der Feuerwehr gesichert werden. Anschließend konnten die Bergungsarbeiten beginnen.

Da die Teile verkantet im Auslieger des Krans steckten, mussten hier mit einem Trennschneider Stahlteile durchtrennt werden. Nach und nach konnten die sieben Betongewichte anschließend vom Dach des Hauses geborgen werden. Diese Arbeiten waren gegen 22 Uhr beendet.

Wie es zu dem Unfall kommen konnte, werden Gutachter klären müssen. Die Höhe des Sachschadens konnte von der Feuerwehr zunächst nicht beziffert werden. Die betroffenen Gebäude bleiben gesperrt.


Vertikal Kommentar
Drei nicht standsichere Turmdrehkrane, alle in München – wie kann das sein? Und das binnen weniger Tage? Gibt es dort zu wenig gute Monteure, wird etwa gehudelt und nicht sorgfältig gearbeitet? Zugegebenermaßen ketzerische Fragen.

Wahrscheinlich wird in allen drei Fällen Unterschiedliches herauskommen, wenn alle Gutachten geschrieben sind. Nur eines dürfte bei allen drei (Beinahe-)Unfällen gleich sein: das schlechte Wetter. In der zweiten Septemberwoche kam in der bayrischen Landeshauptstadt extrem viel Regen vom Himmel, und Kranfundamente können bei intensivem Dauerregen, Starkregen und ungewöhnlichen Wetterereignissen schnell unterspült werden. Am meisten Regen in dieser Zeit kam am Freitag, den 13. September (über 30 Liter pro Quadratmeter) und am Montag, den 16. September (über 40 Liter) herunter. Das könnte eine Rolle gespielt haben.

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